Als dieses Unternehmen die Vier-Tage-Woche einführen wollte, entdeckte es, dass ein Mitarbeiter heimlich zwei Jobs gleichzeitig hatte

Die Einführung einer Vier-Tage-Woche mit einer Wochenarbeitszeit von 32 Stunden beim in Barcelona ansässigen Personalvermittlungsunternehmen Metrickal brachte überraschende Erkenntnisse. Der Test, der eigentlich Produktivität und Zufriedenheit erhöhen sollte, deckte einen Fall von Überbeschäftigung (Overemployment) auf, der nicht nur die Firmenleitung, sondern auch die Remote-Arbeitskultur generell in Frage stellt.
Testlauf für die Vier-Tage-Woche
Bei dem komplett auf Remote-Arbeit setzenden Unternehmen Metrickal wurde für die Testphase die Zeiterfassungssoftware DeskTime eingeführt. Ziel war zunächst, zu sehen, wie Mitarbeitende ihre Arbeitszeit nutzen, um die Umstellung gut hinzubekommen. DeskTime protokolliert nicht nur die reine Arbeitszeit, sondern auch Aktivitätsmuster und Browser-Historien. So wollten Patrick Synge, Mitbegründer und Chief Commercial Officer von Metrickal, und die Geschäftsführung sicherstellen, dass die Effizienz erhalten bleibt oder sogar steigt.
Ein Mitarbeiter mit Doppeljob
Die Software zeigte unerwartet, dass ein langjähriger Mitarbeiter, der von Peru aus arbeitete, während seiner normalen Arbeitszeit gleichzeitig für ein anderes Unternehmen mit Sitz in den USA tätig war. Die Entdeckung folgte auf Kundenbeschwerden über schlechte Kommunikation und verpasste Deadlines, die sich alle auf denselben Mitarbeiter konzentrierten. Trotz mehrerer Gespräche (bei denen man ihm zunächst den Vorteil des Zweifels gab) verbesserten sich seine Leistungen nicht. Nachdem die DeskTime-Logs überprüft wurden, zog Patrick Synge am nächsten Tag die Konsequenzen: Er entließ den Mitarbeiter.
Überbeschäftigung – ein modernes Phänomen
Überbeschäftigung ist zwar nicht neu, hat aber durch Foren und Bewegungen wie “r/overemployed” auf Reddit (ein Subreddit, in dem solche Fälle diskutiert werden) an Sichtbarkeit gewonnen. Dort wird das Recht propagiert, mehrere Jobs zu haben, um das Einkommen zu steigern. Kritiker weisen auf ethische und sicherheitsrelevante Probleme hin: Es ist zwar nicht illegal, birgt aber Risiken für Produktivität und Vertraulichkeit. Ethan Bernstein, Professor an der Harvard Business School, stellt in seiner Studie von 2022 fest, dass Überbeschäftigung eine Arbeitsplatzkultur der Geheimniskrämerei und des Vertrauensverlusts schaffen kann.
Was das für Metrickal und den Arbeitsmarkt bedeutet
Der Fall bei Metrickal macht deutlich, welche Herausforderungen moderne Arbeitsmodelle mit sich bringen. Das Unternehmen koordiniert weltweit über 200 Freelancer und setzt auf eine Kultur des Vertrauens und der Unabhängigkeit – ohne Mikromanagement. Patrick Synge sagt dazu: „Ich habe kein Problem mit Nebenjobs. Aber nicht, wenn sie das Team und das Geschäft beeinträchtigen. Das ist nicht nur unfair — es ist egoistisch.“
Die Umstellung auf eine Vier-Tage-Woche könnte auch Folgen für den Arbeitsmarkt haben: Eine IFOP-Umfrage (IFOP = Institut français d’opinion publique) zeigt, dass 79 % der französischen Arbeitnehmer eine reduzierte Arbeitswoche unterstützen. Studien aus Großbritannien und Island haben außerdem gezeigt, dass eine gut gemanagte Arbeitszeitverkürzung die Produktivität erhalten oder sogar steigern kann.
Wie es weitergehen könnte
Der Trend zu flexiblen Arbeitsmodellen ist nicht aufzuhalten, aber es bleibt ein Balanceakt zwischen Freiheit und notwendiger Aufsicht. Unternehmen müssen Wege finden, Autonomie und Verantwortung zu verbinden, damit das Vertrauen im Team erhalten bleibt und gleichzeitig die Unternehmensziele erreicht werden. Für die Arbeitswelt könnte das ein Wendepunkt sein, der nicht nur die Produktivität, sondern auch die Zufriedenheit der Beschäftigten steigert.