Viele Beschäftigte berichten, dass Homeoffice ihre Aufstiegschancen schmälert, weil Chefs sichtbare Präsenz belohnen

Die Debatte übers Arbeiten von zu Hause wird in Europa immer lauter. Viele Beschäftigte haben das Gefühl, dass die physische Abwesenheit im Büro ihrer Karriere schadet, obwohl die Produktivität dadurch nicht unbedingt leidet. Bleibt die Frage: Kostet Homeoffice Karrieren, selbst wenn die Produktivität hoch bleibt?
Was viele Beschäftigte in Europa beschäftigt
Laut einer groß angelegten Umfrage des Unternehmens Deel, das als globale Personalplattform bekannt ist, meinen rund ein Drittel der europäischen Arbeitnehmer, die physische Distanz zu ihren Vorgesetzten schade ihrem beruflichen Vorankommen. Mehr als eine Million Beschäftigte wurden befragt, und die Ergebnisse zeichnen ein ernstes Bild der Remote-Arbeitslandschaft in Europa.
In der Studie sagen über 30 % der Befragten, sie wollten näher an der Natur leben. Etwa 28 % möchten ihre Lebenshaltungskosten senken, und 26 % wünschen sich mehr Zeit mit der Familie. Trotz dieser persönlichen Wünsche fühlen sich viele von ihren physisch anwesenden Kolleginnen und Kollegen überspielt.
Der unsichtbare Nachteil: Sichtbarkeit fehlt
Es geht nicht um die Qualität der Arbeit, sondern um Sichtbarkeit. Gespräche im Büro, die leicht zu Chancen werden können, finden für Remote-Mitarbeitende oft gar nicht statt. Deel bringt es auf den Punkt: “Bürogespräche verwandeln sich in Chancen.” Weil diese informellen Interaktionen fehlen, können viele Homeoffice-Arbeitende ihre Leistungen nicht ausreichend zeigen.
Firmen wie Dell warnen, dass Mitarbeitende, die sich weigern, zurück ins Büro zu kommen, Aufstiegschancen verpassen könnten. Die Sorge, von wichtigen Entscheidungen und Belohnungen ausgeschlossen zu werden, ist bei Fernarbeitenden weit verbreitet, während jene, die näher am Management sitzen, sich bevorteilt fühlen.
Wie Unternehmen und Manager sich verhalten
Fast 60 % der Manager geben an, lieber Mitarbeitende aus der eigenen Zeitzone oder in angemessener Pendelentfernung einzustellen. Dieses Verhalten schränkt den Zugang zu benötigten Fähigkeiten ein. Mehr als die Hälfte dieser Manager räumt sogar ein, dass das ihren Talentpool tatsächlich begrenzt. Das zeigt das Spannungsfeld zwischen Kontrollwunsch und der Notwendigkeit, moderne Arbeitsweisen zu akzeptieren.
Einige Angestellte sind bereit, unregelmäßige Arbeitszeiten in Kauf zu nehmen, um ins Ausland oder in ruhigere Gebiete zu ziehen. Sie suchen nach bezahlbarem Wohnraum, einer ruhigeren Umgebung und Nähe zur Familie.
Ein persönlicher Blick
Ein Autor, der selbst remote arbeitet, berichtet aus erster Hand: Eine Freundin, die aufs Land gezogen ist, macht hervorragende Arbeit aus der Ferne, spürt aber den Druck, „sichtbar zu bleiben“. Sie setzt auf regelmäßige Videoanrufe und Bürobesuche, wann immer es geht — ein Balanceakt zwischen gewünschtem Lebensstil und Karrierewachstum.
Zeit für Veränderung
Unternehmen müssen ihre Arbeitsplatzmodelle, Einstellungspraktiken und Unternehmenskulturen überprüfen und anpassen. Ziel ist es, unterschiedliche Talente anzuziehen, faire und inklusive Arbeitsplätze zu schaffen und die informellen “Wasserkocher”-Momente digital oder anders zu ersetzen. Die Zukunft verlangt eine klare Kommunikation von Leistungen und ein Überdenken traditioneller Präsenzvorstellungen.
Am Ende steht die Frage, wie Arbeitsplätze von morgen aussehen müssen, damit sie sowohl den Bedürfnissen der Beschäftigten als auch denen der Unternehmen gerecht werden. Viele Arbeitnehmer priorisieren mittlerweile Flexibilität, Erschwinglichkeit und die Freiheit, dort zu leben, wo sie wollen. Das verlangt von Unternehmen ein Umsteuern ihrer Strategien, um einer zunehmend dezentralen Arbeitskultur gerecht zu werden. 🔄